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Kieferorthopädische Apparaturen erhöhen in erster Linie das Kariesrisiko; das gilt insbesondere für festsitzende Spangen. Hintergrund ist eine begünstigte Anlagerung von Zahnbelägen um die festsitzenden Apparaturen. Die in den Belägen enthaltenen Bakterien produzieren als Stoffwechselendprodukt Säuren, welche die Zähne angreifen und die Entstehung einer Karies begünstigen. Die Zahnbeläge, die für die Kariesentstehung und meist auch für das Zahnfleischbluten verantwortlich sind, sind tückischer Weise zahnfarben. Mit speziellen Färbelösungen oder –tabletten kann man diese sichtbar machen. Eine gründliche Mundhygiene ist während der Behandlung unabdingbar. Hierbei ist die Anwendung von Zwischenraumzahnbürsten, Mundduschen, Mundspüllösungen und ergänzenden Fluoridgelen sehr sinnvoll. Ferner bieten wir in unserer Praxis Maßnahmen zur Versiegelung des Bracketumfeldes an. Eine genaue Anleitung und Besprechung der einzelnen Maßnahmen und empfohlenen Produkte findet in der Regel im Rahmen einer Vorbesprechung und einem Zahnputztraining statt.
Neben des Kariesrisikos ist erwähnenswert, dass die meisten festsitzenden Apparaturen mittels Schmelz-Ätztechnik auf den Zahn geklebt werden. Bei dieser Technik werden die ersten µm des Zahnschmelzes angeraut, mit einem Haftvermittler vorbereitet und die Apparatur mit einem Kunststoff auf den Zahn geklebt. Bei der Entfernung wird das Bracket mechanisch verformt, der verbliebene Kunststoff entfernt und die Oberfläche poliert. Hierbei kommt es zu einer irreversiblen Strukturänderung der oberen Schmelzschicht. Werden diese standardisierten und wissenschaftlich abgesicherten Verfahren fachgerecht durchgeführt erhöht sich das Kariesrisiko nicht.
Kleinere Stellungsänderungen nach Abschluss einer Behandlung sind üblich, da Zähne ja Organe in einem lebenden Organismus darstellen und im Laufe des Lebens ständigen Veränderungen unterworfen sind (Hormone, Stoffwechsel, Alterungsprozesse, Abnutzung u.v.m.). Grundsätzlich ist das Ziel jedoch ein stabiles Ergebnis zu erzielen und der Schlüssel sind einige Aspekte, die bereits in der Planungsphase berücksichtigt werden müssen. In jedem Fall ist die Behandlung nach der aktiven Zahnbewegung, z.B. dem Entfernen der festsitzenden Apparatur, noch nicht abgeschlossen. Die Zähne haben zu diesem Zeitpunkt eine besonders große Rückfallneigung, die erst nachlässt, wenn der Stoffwechsel des Zahnhalteapparates sich beruhigt hat. Dieser Prozess kann bis zu einem Jahr dauern. Während dieser „Haltephase“ sollten herausnehmbare Apparaturen getragen werden, anfangs auch tagsüber. Ein weiterer Schutz vor unerwünschten Zahnbewegungen sind sogenannte geklebte „Retainer“. Eine Empfehlung wird im Einzelfall mit Ihnen besprochen. Weisheitszähne können im Laufe ihres Durchbruchs ebenfalls Zahnstellungsveränderungen verursachen, können in der Regel jedoch nicht als alleinige Ursache angesehen werden und sollten aus kieferorthopädischer Sicht in der Behandlung und langfristigen Nachsorge berücksichtigt werden.
Wenn die kieferorthopädische Befunderhebung ergibt, dass eine Behandlung indiziert ist, wird ein Behandlungsplan erstellt. Erfolgt die Behandlung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung, muss der Kieferorthopäde den Behandlungsplan bei der zuständigen Krankenkasse einreichen. Im Rahmen einer privatzahnärztlichen Behandlung ist dies nicht erforderlich, jedoch ist eine Anfrage der Erstattung bei dem jeweiligen Kostenträger (PKV, Beihilfe o.ä.) vor Behandlungsbeginn stark empfohlen, da hier tariflich erhebliche Unterschiede in der Kostenerstattung vorkommen können.
Grundlage für die Genehmigung der Behandlung im Rahmen einer gesetzlichen Krankenversicherung ist die Richtlinie §29 SGB V aus dem Jahre 2002, welche die kieferorthopädischen Indikationsgruppen (KIG) beschreibt. Dieses System wurde eingeführt, um Kosten einzusparen und einige Therapieindikationen auszugrenzen. Das KIG-System ist ein befundbezogenes Schema zur Einstufung des kieferorthopädischen Behandlungsbedarfs im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung. Es wurden acht Indikationsgruppen mit fünf Graden des Behandlungsbedarfs festgelegt. Um eine vertragszahnärztliche Leistung darzustellen, muss eine Normabweichung von mindestens Grad 3 erreicht werden. Die Bewertung und Zuordnung erfolgt klinisch sowie im Einzelfall über Modelle vor Behandlungsbeginn. Eine verbindliche Einstufung muss zu dem Zeitpunkt erfolgen, an dem eine mögliche Behandlung unmittelbar bevorsteht. Wird ein Fall ausgegrenzt, heißt dies nicht zwangsläufig, dass eine Behandlung medizinisch nicht notwendig oder sinnvoll wäre; die Grenzziehung ist willkürlich.
In der Vertragszahnärztlichen Behandlung unterscheidet man Frühe- und Frühbehandlungen im frühen Wechselgebiss, die nur bei bestimmten Abweichungen (Syndrome, Umgekehrte Frontzahnstufe; Ausgeprägte positive Frontzahnstufe; Kreuzbiss; Ausgeprägter Platzmangel im Seitenzahnbereich) genehmigungsfähig sind und Hauptbehandlungen bis zum 18ten Lebensjahr (KIG<3). Für die Behandlung Erwachsener gilt, dass eine rein kieferorthopädische Behandlung generell nach Vollendung des 18. Lebensjahres nicht mehr von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt wird. Danach werden die Kosten nur dann übernommen, wenn die bestehende Abweichung so stark ist, dass sie nur kombiniert, kieferorthopädisch und chirurgisch behandelt werden kann.
Liegt ein genehmigter Behandlungsplan vor, übernimmt die gesetzliche Krankenkasse bei einem Kind 80% der Kosten, bei jedem weiteren Kind, das sich gleichzeitig in kieferorthopädischer Behandlung befindet, 90% der Kosten. Der Eigenanteil des Patienten (20% oder 10%) wird nach Abschluss der Behandlung und gegen Vorlage der Abschlussbestätigung von der Krankenkasse an den Patienten zurückerstattet. Während der laufenden Behandlung wird für die erbrachten Leistungen alle drei Monate eine Rechnung erstellt, aus der auch die Höhe des jeweiligen Eigenanteils hervorgeht.
Zum ersten Januar 2004 wurden weitere Einschnitte im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen vorgenommen. Diese haben zur Folge, dass auch wenn eine Kassenbehandlung genehmigt wurde, nicht alle in Frage kommenden Spangen oder Varianten von Spangen über die Krankenkasse abgerechnet werden können. Sind diese empfohlen, oder erwünscht können sie im Einzelfall über sogenannte „außervertragliche Leistungen“ privat gewählt werden.